Der Vorfilm war ein Beispiel, wie man den Zuschauer, zugegeben auf hohem visuellen Niveau, auf eine völlig falsche Fährte lockt, indem man ihm die wichtigsten Informationen vorenthält. Was mE auch in manchem Krimi unlauter ist, denn die offenbarten Informationen liegen außerhalb der Beeinflussung des Empfängers. Hier die Gesichtslandschaften eines zu hübschen Halbwüchsigen und eines älteren übergewichtigen Mannes. Und die Gesten des letzteren und der Titel lassen zunächst nur die homoerotische Ursache vermuten. Doch als der der Mann mit einer Wunde im Bauch zu Boden geht und der Junge nur mit der Goldkette des Opfers das Weite sucht, offenbart sich die Vorurteilung. (Stiff, UK 2002)

Saint Ralph (28.11.2005)

Nun geht es naturgemäß los, auch jenseits von magischen und monströsen Blockbustern, mit den Weihnachtsfilmen. Hier spielt die Handlung zwar nicht zur Zeit des ersten Schnees, doch ist die Mythologie des "Westens" so präsent, dass der ab und zu geisterhaft am Wegesrand auftauchende Rotbejackte eigentlich gar nicht nötig wäre. Erinnert der Titel noch an einen übergewichtigen unverhofft zu englischem Höchstadel beförderten Filmamerikaner, so gemahnt die Szenerie zunächst an Rushmore, in dem auch einem umtriebigem Junge(n/)Mann seine Triebe so manchen Fallstrick knüpfen. Jedoch ist hier der Kontrast zwischen den pubertär körperlichen Verfehlungen und der geistlich geführten Lehrinstitution sehr viel stärker ausgeprägt als in dem vermeintlichen Vorbild. Wenn dann eine Reihe von Initiationen und deren finale Bewältigung durch selbstmotiviertes Streben auch noch andere positiv beeinflusst so hört sich das nacherzählt rühriger und formelhafter an als es beim wohlmeinenden Rezipienten ankommt, da die kanadischen Darsteller wenig plakativ amerikanisch wirken, sondern man es im Norden der englischen Insel oder im irischen Raum verorten möchte. (Bei näherer Betrachtung ist ja eh der US-amerikanische Osten fast mehr als ein weites Stück näher am europäischen, speziell angelsächsischen, Empfinden, als der in der Filmkultur überrepräsentierte Westen, oder früher auch Süden.) Und so wirkt die Kombination von amerikanischer Kulisse und europäischen Figuren, die dank des und mit dem 'Heiligen' allesamt eine Entwicklung durchmachen: sein Lehrer/Trainer vom Lehrenden zum Lernenden, der Rektor vom Despoten zum Devoten und Ralph vom abschreckenden zum wahren Vorbild, nur eigentlich befremdlich. Und so bleibt ein das Wohlwollen nicht vollends erzeugender, aber ermöglichender Weihnachtsfilm. (View sponsored by GMC, thx!)

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