Der Vorfilm war eine leichte Handübung - wenn auch eine solche sicherlich genug Arbeit und Mühe bereitet - dessen Bezug zum Hauptfilm über die Dominanz von Trainingsanzügen an den Protagonisten gebildet wurde. Denn der junge thüringische Dauerläufer muss, wohl am 13.August 1961, aufgrund der bekannten politischen Entscheidungen, seine Strecke variieren. In der Folge freundet er sich mit einem Mitdorfbewohner an, der sich darin übt auf einen fahrenden Zug aufzuspringen, da dessen Frau an diesem, für uns Zuschauer nur noch historischen, Tage in einer der nicht russisch besetzten Zone weilte. Wenn nach langen Monaten des Übens die letzte Möglichkeit kommt, auf den Zug aufzuspringen, erreicht nicht jeder den Zug, beide jedoch wohl das Ersehnte. Nicht ganz perfekt ausgestattet (denn so manche Plastikreißverschlussart gab es damals nicht), aber daher umso sympathischere Episode aus dem noch frisch geteilten Land.

Broken Flowers (05.09.2004)

War zunächst die Freude über diesen zu Gesicht gebrachten Titel, auch allgemein im Publikum, groß, so blieb es doch bald bei der Vor-. Denn schon gleich zu Beginn wird die hier nur noch sinnlos (um nicht 'debil' zu wagen) wirkende Stoik des Bill Murray verheizt, um die plattesten Lacher auszulösen, ohne das wirkliche Potential dieses Mimen, wie es besonders in LiT oder auch Life Aquatic ausgelotet wurde, auch nur ansatzweise auszuschürfen. Schon das Sujet ist schon Recycling: Da entdeckt ein Gealterter die Möglichkeit der realen Vaterschaft (vgl. Life Aquatic, aber wohl auch noch aktueller: Wenders) und klappert nun zur Verifizierung die in Frage kommenden ab, um schließlich bei der letzten/aktuellen, die ihn zu Beginn verließ, zur vermutlichen Ruhe zu kommen(vgl. High Fidelity). Soweit, so bekannt. Wenn dann Jarmusch, zwar (fast W. Allen'sch: selbst)ironisch, sein Erstaunen, seine wohl ehrliche Begeisterung, für das ihm allwissend erscheinende neue Medium WWW zugibt, so wäre dies einem Alternden auch nachzusehen, doch dann werden die potentiellen Mütter aus der Klischeekiste wahllos herausgegriffen, und es wird auch noch, nur zum Zwecke der Komik, zu leichtfertig mit der inneren oder äußeren Unfreiheit in die (die) Frauen gerie(/a)ten umgegangen. Doch auch wenn die Kritik womöglich ein kontemporäres Sittenbild daraus bastelt, dann ist das Ganze wohl auch Herrn Murray zu dünn und er verharrt in einer scheinbaren Altersdemenz, die vielleicht eigentlich als der (auch ein Standard) Schutzpanzer eines Vielfachverletzten fungieren hätte sollen. Am Ende bleibt man zwar scheinbar ohne Antworten zurück, aber wo nur wenige (wenn überhaupt) drängende Fragen gestellt werden, sind die Antworten auch schnell redundant. Und so wird eigentlich das Wenige dann schnell aufgelöst: Alles war wohl nur eine Art Entwicklungshilfe, um dem mit dem doppelt flachen Namenswitz (Don John(ston) = Juan) versehenen Gealterten die Reifung zu ermöglichen. Am beachtenswertesten sind die Feststellung, dass die Farbe Rosa im Leben aller Frauen, wohl aufgrund der Farbe von Säuglingen, die damit unbewusst surrogiert werden, eine Rolle spielt und der nicht nur wohltemperierte Soundtrack.

lr

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