Der Vorfilm war eine minimalistische und doch mehrere Genre anklingen lassende Abstraktion aus Stavanger, 'alt i alt' (all in all). Eingeklammert von statischen Schnitten, wie die eines umschaltenden Überwachungsmonitors, auf verschiedene Ansichten eines Sprungbeckens mit einer höchst interessanten, unrechtwinkligen, in die Betonwand integrierten Sprungturmkonstruktion, beginnt ein Springer auf dem 3 m Brett sich einzufedern, um dann den eingeleiteten Sprung abzubrechen. Dann wandelt sich dieser Symbolismus des 'Nicht-Wagens' beim weiteren vielfach, fast trance-gabbaesk, wiederholten, dann überzeichneten und vielfach variiert optisch aufgelösten Einfedern auf dem Brett zu einer, mal wieder, rhythmischen Schnittübung, um dann mit einem optischen Witz zu enden.

Kontroll (31.01.2005)

Nach der, von einem original Metrobediensteten vorgetragenen, Präambel, in der sich dieser bemüht die Geschehnisse und Personen des Films als fiktiv zu kennzeichnen, um seine wohl fast bereute Entscheidung den Dreh genehmigt zu haben, wenigstens nicht zu einer unkommentierten, womöglich als Diffamierung empfundenen Darstellung der Budapester Metro führen zu lassen, werden nicht desto trotz zu Beginn eine Reihe von skurrilen Figuren von kontrollierenden als auch kontrollierten Figuren gezeichnet: der Narkoleptiker, der unerfahren Neuling, der erfahrene alte Hase, und auf der anderen Seite der dreiste Lude mit seinem Hofstaat oder der Schwarzfahrer, der die Überlisteten noch durch Zeichnung zusätzlich erniedrigt; und natürlich der einwenig über allen stehende Held. Nett, die verwendeten Kostüme: deiser in unreflektierter schwarzer Lederjacke, die anderen in semimoderner, aber immer etwas nach Billigstschick aussehende Staffage, wobei man immer nicht weiß, ob in Ungarn noch in Fake-Buffalos rumgelaufen wird oder es nur ein weiterer optischer Gag ist, der nebenbei auch Raum zur Improvisation bietet.
Schließlich weicht dann doch der unterhaltsamen und universellen Burleske auf das Ur-Bahne Leben zunehmend einem, nur an andere balkanische Filme erinnernden, Symbolismus. In dem der Held, dessen Motivation für die Flucht in den Untergrund ein wenig zu deutlich diktiert wird, dank der auftauchenden Reproduktionsoption wieder den Weg zurück an die Oberfläche, in das wahre Leben, das hier, zum Glück, nie gezeigt wird. Auch anklingende kriminalistische Motive weichen dann wieder diesem Symbolismus, um dann nur in dieser symbolischen Ebene aufgelöst zu werden. Eine Auflösung in der 'realen' Ebene wäre ja entweder zu schrecklich, hieße es doch, dass der Held ein furchtbares Geheimnis hat; doch obwohl der Tod ähnlich wie der Held gekleidet ist, sei er doch der jedes einzelnen Suizidanten. Auch Traumsequenzen, inklusive der unvermeintlichen Teddykostümierung der Repro-option und Murakami/Malkovic'sche Tunnel und Dunkelheiten, die ja entweder codierte Koitusse oder (gleichzeitig) Übergänge in ein neues Bewusstseins sind, werden nicht ausgelassen. Die, ja eigentlich schon immer, nur bemitleidenswerten, da von Nicht- und Schwarzfahrern vielgeschmähten, Fahrkartenkontrolleure sind hier mehr Opfer als gnadenlose Kontrolleure, auch wenn ihre Armbinden durch ihre Farbgebung an deutsche Vergangenheiten erinnern, und so durch Kontrapuktion die Opferschaft ihrer Träger noch stärker bewusst machen.
Ein hübscher, auf mehr, sprich ausgewogeneres Drehbuch, hoffen lassender Erstling(?), der wohl mehr Wahrheiten=Beobachtungen enthält, als es der Vorredner wahrhaben will. Denn sonst wäre sein Widerspruch ja nicht so nötig (und macht diese Vermutung umso gewisser).

lr

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