Der Vorfilm war ein skandinavisch lakonischer Liebesfilm: Karikaturesk heruntergekommener, filthy (dreckig reicht da nicht) Imbiss, alle Figuren verbergen trotz nur jeweils eines Gesichtsausdrucks nicht ihre Gefühlswandlungen. Daher erinnert es wohl an die Lakonie Kaurismäkis. Der einzige Kunde des ungepflegten Kochs scheint bei jedem Bissen zu überlegen, ob dies der letzte sein könnte, als ein hektischer Räuber mit vorgehaltener Pistole und gelangweilter Freundin im Gefolge in den Imbiss mit vom Schmutz undurchsichtigen Scheiben stürmt. Der Koch beginnt nach Aufforderung die nicht allzu volle Kasse zu leeren, als die Frau Interesse für eine Mahlzeit bekundet, so wie sie der einzige Gast auf dem Teller hat. Der Koch kommt dieser Bitte nach, trotz einer nicht ausbleibenden Diskussion mit dem Räuber, der bei Erklingen von sich nähernden Polizeisirenen die Flucht ergreift. Die Frau bekommt ihr Essen und wärmt sich schließlich am Parka des bis dahin einzigen Gastes. Der Imbiss als Leben und die unverhofft aufkeimende Hoffnung diesen Dreck nicht weiter alleine ertragen zu müssen.

American Splendor (25.10.2004)

Die sich sofort durch die Art der Titel-Credits als solche outende Comicverfilmung (schön die an Spawn #10 erinnernde zur Jahreszeit passende Eingangssequenz, in der der Autor als Kind in einer halloweenschen Reihe von Comichelden sich als sich selbst vorstellt) wird bald, wenn der Autor erst im Off, dann auch vor der Kamera, auftritt, zu einer ebensolchen semi-Dokumentation, wie es die gleichnamigen Undergroundcomics sein müssen. Hier wird (mal wieder) der Selbstreferenzialität gefrönt und mit der Schilderung des realen Lebens wurde womöglich ein Grundstein für alle Talkshows und Eingepferchte-reden-übereinander-Formate dieser Welt gelegt. Wobei hier noch der Anspruch die Welt abzubilden erfüllt wird, und wenn auch nur den, zwar subjektiven, aber durchaus repräsentativen Blickwinkel eines 'Sachbearbeiters', hier Aktensortierers in einem Krankenhaus. Da stellt sich die Frage, wo bei dieser Art der abbildenden Kunst, hier (Comic-)Literatur, diese aufhört und der kommerzielle TV-Exhibitionismus beginnt. Ist es nur die Absicht der Autoren, oder die Planung solcher Abbildungen?
Bestehen die Comics (und natürlich auch dieser Film) aus willentlich ausgewählten Szenen, die den Empfindungshorizont des Autoren wiedergeben, so scheinen die TV-Formate nur(?) zur Erhöhung des Reizfaktors choreographiert und die sich daraus ergebenden Szenen aufgrund des subjektiven Sensationseffektes ausgewählt zu werden, um den Zuschauer zwischen den Werbepausen am Gerät, nee, am Sender, zu halten. Dagegen wird es der durch seine geregelte Arbeit, und nur dadurch, unabhängige Autor, nicht müde hier diese Unabhängigkeit (nur seine emotionalen Abhängigkeiten gibt er zu) zu behaupten, und hat einer Vereinnahmung durch die Medien wohl auch das eine oder andere Mal widerstanden.
Jedoch wirken seine Bekundungen, dass durch den (auch monetären) Erfolg, die Probleme nicht weniger wurden, etwas behauptet, und das applaudierende Publikum, das wohl auch vom 'Am Ende wird alles gut' träumt, schien ihm diese relative Ruhe im Rentenalter auch zu gönnen. Denn das Leben ist ja schwer genug, da kann die Filmversion schon ein wenig beschwichtigt enden, auch wenn dieser Film die Beschönigung miterzeugt hat. Ein schönes selbstreferenzielles Beispiel der Postpostmoderne, ein Film über die Comics eines Autoren, der über sich selbst schreibt, und somit auch über das Schreiben berichtet. Sind die am Ende gezeigten Bände 'Our Movie Year' (über seine Krankheit gab es vorher 'Our Cancer Year') ironische Referenz oder traurige Wahrheit? ne ordentliche Kritik: hier

lr

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