Der Vorfilm war die handlungslose Abbildung einer PyongYangschen Verkehrspolizistin, die zwar wirklich nicht unansehnlich in ihren ritualisierten doch schon fast zu gekünstelten Verkehrsregelgesten war, und so als eine Impression (unter vielen) einer Reisebeschreibung wunderbar gewesen wäre, als 'Kurzfilm' jedoch ein wenig zu dünn, zumal dazwischengeschnittene andere Verkehrsregler und -teilnehmer anfangs noch vermuten ließen das Ganze führt noch irgendwohin.

Supersize Me (12.07.2004)

Diese schon im Vorfeld zu präsente (das mit fettgebackenen Kartoffelstäbchen gestopfte Gesicht des Herrn Morgan musste man ja schon seit Tagen auf jeder zweiten Litfaßsäule ertragen) mit allbekannten Vorträgen über ungesunde Ernährung gestreckte Jackass-Episode wurde wohl durch den privaten Konflikt des Autoren initiiert: Sein uramerikanischer Drang nach der eigenen besonderen Leistung, die auch keiner besonderen Qualifizierung bedarf und der (hier auch zugegeben) werbungsanerzogene Drang zu Fastfood ("es schmeckt ja") standen in schwerem Kontrast zu seiner veganischen Freundin. Und so lag es wohl nahe, aus der Kindheitsfantasie, sich nur von Fastfood zu ernähren, ein Film-Projekt zu machen. Und so ist es seine Art moderner Selbstgeißelung als Ablass für den, im political korrektesten Sinne verwerflichen, Wunsch nach Fleisch/FastFood. Er opfert sich für uns alle stellvertretend, isst und leidet stellvertretend, um zu zeigen wie schlecht das (die Welt) ist. Und weil die, durch Jackass an Selbstversuche aller Art gewohnten, (Kino-)Konsumenten gerne zusehen, wenn sich Protagonisten real selbst verstümmeln, und durch die Verteilungsmöglichkeiten der modernen Medien diese Schar der Zuschauer noch größer und daher zahlungskraftiger als vor tausendneunhundertzweiundsiebzig (1972+32=2004) Jahren ist und man ja nicht gleich bei der Aktion sterben muss, scheint es doch ein finanziell aussichtsreiches Projekt zu sein. Das ja wohl auch aufgeht, dank der im Film zwar angeprangerten, aber nicht weniger selbst benutzten Mittel der Werbung und ständigen Bedrängung der Konsumenten. Die hier natürlich unter dem Deckmantel der Aufklärung dann doch der Bereicherung einiger dient.
Jedoch, selbst wenn die Absicht der Aufklärung echt vorhanden war, so macht doch die ständige Präsenz der Marke, den Film zum (mindestens zweifelhaften) Werbefilm, auch wenn die bewusste Absicht nicht unterstellt werden soll, ist es doch naiv zu glauben, dass ein Film ,in dem eine Marke ununterbrochen präsent ist, diese Marke nicht noch tiefer in den Köpfen manifestiert. Denn der Versuch die Marke negativ zu besetzen, ist ja ebenfalls, aufgrund der erwähnten unterschiedlich großen Werbeetats, eher vergeblich. Und dass er dem Konzern so Hinweise zur besseren Vermarktung ihrer Produkte andient, jetzt werden sie ja als 'gesunde Lebensmittel' angepriesen, kann auch nicht in seiner aufklärerischen Absicht sein. Wenn der Film nicht eh eine der geschicktesten Werbemaßnahmen der letzten Zeit ist. Filmisch ist es eine Mischung aus schwach adaptierten Mooreschen Techniken, und dem von der Promotion ausgeschlachteten Selbstversuch, man könnte es mit Blick auf die mooresche Statur auch als MD-Konzernparodie auf seine Filme sehen. Insgesamt ein Produkt der hier behauptet angeprangerten FastFood-Kultur, also so subversiv wie die hier vorliegenden Anmerkungen.
(14.07.04:)Aber vielleicht ist es ja doch sinnvolle und notwendige Aufklärungsarbeit, wenn nur ein Teil der Ernährungshinweise bei einem Publikum, dem dieses Wissen nicht vorher vermittelt worden ist, ankommt. Auch wenn man dazu nicht ganz so genau wissen muss, was eine Kalorie (Die Energie um 1 Kg Wasser um 1°C zu erwärmen)ist. Die Krankenkassen werden es danken. Also der Gegenentwurf zu Schulze gets the Blues?


lr

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