Der Vorfilm war ein Splitscreen-Gag, dessen Pointe recht früh vorhersehbar war. Zeichnungen im groben Stile wie etwa die der TV-Serie Wicki. Rechter Ausschnitt: ein gelangweilter etwas verwahrlost wirkender Mann im Trägerunterhemd auf der linken Hälfte eines Sofas. Im linken Ausschnitt: ebenso lethargisch: eine die Katze streichelnde Frau auf der rechten Hälfte eines gleichgemusterten Sofas. Ihre Beschäftigungslosigkeit steigert sich in sinnlose Tätigkeiten, die Katze wird bis zum Masturbationsbild misshandelt, der Mann streift sinnlos durch den Raum und endet in einem Kopfstand auf dem Sofa. Letztlich kommt der Geistesblitz: Man schiebt das Sofa solange durch die zwei Ausschnitte bis nun die rechte Sofahälfte im rechten die linke im linken Ausschnitt liegen. Doch nach anfänglich scheinbarer Eintracht stellt sich schnell die vorherige Lethargie ein. Bild für die Zweisamkeit im Allgemeinen oder im speziellen Sinnlosen?

Muxmäuschenstill (28.06.2004)

Na da hat sich ja wieder einer (Wessi, im West-Berliner Sinne) ganz schön in die Optk des Fernsehturmes und seines Umlandes verguckt, aber schön, so viel Zuhause auf der Leinwand zu sehen.
Was wie die Kinowerdung einer Kabarettkunstfigur wirkt, ist dann auch irgendwie so etwas, denn der Hauptdarsteller verkörpert den Protagonisten so herrlich, da er ihn auch kreiert hat. Dass aber ein Kinofilm daraus geworden ist, ist ein Glücksfall, denn so werden natürlich wesentlich mehr Zuschauer erreicht. Der selbsternannte Weltverbesserer Mux bestraft alle, die er erwischt: vom Schwarzfahrer bis zum Kinderschänder, und da schon bald klar ist, dass er selbst durch seine Kritikunfähigkeit und autistischer Selbstsicherheit schon lange das allgemeine Wertesystem verlassen hat, kann der Zuschauer in jedem Fall selbst entscheiden, ob diese Ermahnung/Bestrafung jetzt ja eigentlich ok oder schon völlig irre ist. Und so hat dieser Film eine didaktische Wirkung ohne schulisch zu wirken. Nur schade, dass das Urthema dann auch noch in Gestalt einer jüngeren Frau auftritt, die von ihm zwar behauptet respektiert wird, aber eigentlich, genauso wie der Rest der Welt, unbemerkt von Mux, nicht ernst genommen, als nicht gleichwertig angesehen wird. Doch ist dieser Handlungsstrang notwendig, um zu zeigen, dass (nicht nur Mux') treffende Selbstreflektion im Angesicht der Hormonsteuerung nutzlos (futile) ist. Der Medienerfolg der Muxschen Agentur im letzten Drittel des Filmes zeigt dann, verwoben mit dem ebengenannten Strang, die Probleme des Erfolgreichen, der dann plötzlich den Sinn seines Tuns verloren sieht, und wichtiger: das Aufgreifen der Medien von allem die scheinbare Norm nur minimal Abweichenden, egal wie radikal, oder ungerecht es ist.
Dieser (hoffentlich nur) im dokumentarischen Stil gedrehte Spielfilm schafft es auf spielerische und so unterhaltende Weise den Zuschauer eine Menge Fragen zu stellen, ohne (die Macher favorisieren diesen Term) moralinsauer den Zeigefinger zu heben, obwohl sie hier natürlich eigentlich so manches anprangern, was in unserer Gesellschaft und so in ihren Mitgliedern, den Einzelnen, im Argen liegt. Stören wenigen vielleicht die paar Kinoblutspritzer, so ist doch zu fragen, warum man sich an dem realen permanenten Blutvergießen sichtlich weniger stört. Und ob die allseitige mediale Präsenz von Gewalt die cineastische Überhöhung (den Tod anstelle des Verlassens) immer nötig macht. Schließlich ist dann recht vorraussehbar, dass Mux, außerhalb von Deutschland in einer weniger regelorientierten Gesellschaft an seinem selbst gestellten Auftrag, (Der ja an sich schon fragwürdig ist, denn seine unrückbare Feste scheinen ja die Gesetzbücher und (Straßen-)Verordnungen zu sein und die sind ja auch nur eine beliebige Ansammlung von Regeln, die zum Teil wenig der echten Gerechtigkeit oder Notwendigkeit im Zusammenleben dienen) endet.
Wäre der Quotient von Aufwand und Effekt nicht nur meiniges Kriterium für jegliche (Kunst)Produktion, so hätten wir wohl hier einen der besten Filme vor uns.

Hoffe, habe die Interviews auf www.mux-braucht-dich.de nicht zu sehr zitiert. (Und es bleibt noch zu hoffen, dass nach der Kunst mit dem nächsten, monetär bestimmt besser ausgestatteten, Film nicht zu sehr der Kommerz kommt.)

lr

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