Der Vorfilm war ein fieser Scherz auf Kosten einer wenig attraktiven von Anfang an bemitleidenswerten U-Bahnbenutzerin. Sie geht nicht besonders zielstrebig durch die Bahnhofsgänge und betritt einen Zug. Ein Mann steigt zu, und beginnt sich in der Art der U-Bahn-Bettler vorzustellen. Doch sucht er keine Geldspenden, sondern die Frau zum Leben. In Form einer geprochenen Kontaktanzeige preist er sich selber an, und bekommt von einem in seiner Ehe unzufriedenen Fahrgast die abwesende Frau angeboten. Doch die Frau vom Beggin scheint immer interessierter. Der Mann schlägt vor, dass interessierte Damen den Zug an der nächsten Station verlassen können zum Zeichen des Interesses. Als der Zug stoppt zögert die Frau nicht und steigt voller Zuversicht aus. Doch da raunt ihr der Mann nicht ohne Mitleid, aber ohne Bedauern, dass es nur ein Sketch gewesen wäre und während er die verbliebenen Fahrgäste zu einer Geldspende auffordert, bleibt die Frau alleine auf dem Bahnhof zurück. Ja so ist das Leben. Einer macht einen Sketch und ein anderer nimmt es ernst. Der eine macht ein Spiel, der andere nimmt es für länger an. Und womöglich wurde der Wunsch erst durch die behauptete Möglichkeit erweckt. Was den Verlust dieser nicht weniger beeinträchtigend macht.

Mambo Italiano (14.06.2004)

Schon die Titel riefen nach einer kleinen Nicht-Hollywoodproduktion vom Schlage einer Big Fat Greek Wedding. Nur, dass hier an die Stelle von Griechischer Lebensart Italiens Dolce Vita in Kanada tritt. Auch ist hier wieder die Emanzipation der Kinder von den Eltern und ihrer im Mediterranen gebliebenen Lebensweise das Thema. Doch hier löst sich nicht die behütetete Tochter aus dem Familienkreis, sondern der ebenso behütete und schwule Sohn. Aber dieser, nur kurz. Sobald die Eltern seine Orientierung akzeptieren, ist er inklusive Geliebten wieder voll integriert. So bleibt bis auf dem Geschlecht der Schwiegertochter alles beim Alten. Als nicht recht akzeptable alternative Lösung wird noch der verleugnende Schwule vorgeführt, der den Erzähler (der natürlich auch in dieser Geschichte ein (angehender) Drehbuchautor ist) für eine Ehe sitzen lässt, um die traditionellen Normen seiner Mutter zu erfüllen, aber natürlich auch in Zukunft nicht ohne gleichgeschlechtliche Kontakte auskommen wird. Hier also als Ursache für die Homosexualität, aber auch für die Verleugnung dieser: klassisch die dominante Mutter.
Nach (wie?) vielen Jahrzehnten mit Coming Out-Geschichten eine recht überflüssige Klamotte. Leichteste Unterhaltung, wenn man sich drauf einlassen mag, und die uninspirierte Konstruktion, andauernd schütten die Protagonisten Telefonseelsorgenden und Psychiatern (und somit dem Zuschauer) ihr Herz aus, die eigentlich aufkommende Langeweile vertreiben kann.

lr

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