Der Vorfilm war eine etwas umständlich eingeführte Episode über die unvermutete Solidarität im vor dem Mauerbau noch möglichen Grenzverkehrs zwischen Berlin(West) und der SBZ. Leider war die Schmuggeltätigkeit des mutmaßlichen Staatsicherheitsbeamten recht voraussehbar. Ebenso wie der Konsum des konfiszierten Kaffees durch den beschlagnehmenden Polizisten. Eine solide Übung schwäbischer Hochschüler.

Station Agent (31.05.2004)

Unamerikanischer kann ein Film aus diesem Lande kaum aussehen, denn nicht nur die, von Herrn Moore ja so verteufelten, zu großen Autos, und Kaffee mit italienischen Namen im Deckelbecher gibt es ja mittlerweile in der gesamten USA-geprägten Welt. Doch wären nicht die Ortsbezeichnungen, wirkte dieser Film, auch aufgrund der Ländlichkeit des Schauplatzes, eher wie in Nordengland oder Neuseeland angesiedelt. Aber prägender für den Unamerikanismus dieses Filmes ist das ja seit den Cowboyfilmen der Westerschließung und Mord im Orientexpress eher untypische Leitmotiv der Eisenbahn. Denn Fin(bar)s Hobby ist das Trainspotten. Und so ist er zunächst ein ziemlich normaler, fast langweiliger, Typ, der Modelleisenbahnen repariert und mit den Klubkollegen Zugfilme schaut. Als sein Chef und Freund ihm ein Grundstück inklusive Eisenbahngebäude vererbt, zieht er sofort in dieses, denn die Abgeschiedenheit von den Menschen reizt ihn, denn mit den Menschen hat Finn aus einem ganz speziellen Grunde seine Probleme. Er leidet unter der Reduktion seiner Selbst auf seine Kleinwüchsigkeit durch die ihm begegnenden Menschen. Dieser Reduktion auf das Offensichtlichste unterliegt jedoch jeder, und so ist sein Problem an sich kein spezielles und die selbstgewählte Isolation ja ein üblicher Weg des Selbstschutzes. Nur macht Finn nicht die Rechnung mit der Tatsache, dass eine Vielzahl flüchtigster Begegnungen in der Stadt die Isolation leichter erhalten lässt, als der zwangsläufig intensivere Kontakt mit einigen wenigen des Kaffs.
Denn vor Fins Eisenbahndepot ist der Standplatz des HotDog-Standes und seines geschwätzigen und mehr als kontaktfreudigen kubastämmigen Betreibers Joe. Der lässt nicht locker bis Finn ihn auf seine Gleisspaziergänge mit nimmt. Denn auch er ist wohl ein wenig einsam, als Nicht-Weißer, und will auch vor seinem kranken Vater, und der Furcht diesen zu verlieren, flüchten. Dann ist da noch die nie über einen schweren Verlust hinweggekommene einsamlebende malende, und ein wenig verhuschte, Olivia, die versuchte in dieser Einöde vor einem schweren Verlust zu flüchten. Nicht nur die Hartnäckigkeit von Joe führt die drei zusammen, die Konfrontation Olivias mit dem endgültigen Verlust des Exmannes löst aber die nicht unproblematische Dreierbeziehung, denn Olivia schien zu beginnen in Finn eine Art Sohnersatz zu sehen, und Joe's Interesse an Olivia war auch ein wenig hormongesteuert (wie ja eigentlich alles, das gehört aber nicht hierher). Doch da Fin nun gelernt hat auch auf diese neue Freundschaft zu beharren, die allen Beteiligten ja die wahrlich nötige Unterstützung gewährt, rettet er nicht nur Olivia das Leben, sondern auch die Freundschaft der Drei, die nun gemeinsam so einige Hürden bewältigen werden.
Diese Ode an die Freundschaft ist wunderbar gespielt, und glorifiziert die emotionale Stützkraft der Interaktion unter Freunden. Und nicht, wie normalerweise, den Erhalt der Familie. Vielleicht klappt aber auch hier das Happy End zu gut, aber warum soll man nicht auch mal mit einem guten Gefühl aus dem Kino entlassen werden?! Und nebenbei noch ein bisschen Integrationshilfe, denn, wie schon in Unzertrennlich, sind auch hier alle (oder keiner) Freaks.

lr

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