Der Vorfilm (Emmerich) war eine HFF-Demonstration, dass man auch mit kleinem Kurzfilmbudget ein Spezialeffektfilmchen machen kann, und gleichzeitig das Genre ironisieren, denn der Ausbruch des Bösen aus der Hölle stellt sich dann doch nur als irdische Inszenierung des Pfarrers zwecks Erhaltung der eigenen Kirche heraus. Die Filmwelt will das eigene Bestehen ja ebenso sichern.

Gegen die Wand (08.03.2004)

Vorher, beim passieren der Plakate, dachte ich noch, diesen Film brauche ich nicht, weil eine derart aggressive preis- und pseudoskandalgestützte Werbekampagne mich ja generell vertreibt(daher hier auch einige Spoiler). Denn der angebliche Skandal ist natürlich wohlausgedachtes Kalkül, denn jede Geste der, zugegeben nicht untalentierten (schauspielerisch und physisch(denn das ist ja anscheinend bei Schauspieler(inne)n eh fast immer mehr als zu 50% wichtig)), Hauptdarstellerin wird ja durch das Wissen über ihre vorherigen Filmauftritte sexuell hinterlegt, wenn behauptet wird, dass sie schon mehr gezeigt haben soll. Interessanter ist dann noch die optische bis gestische Identität des Hauptdarstellers (bei mir nur noch: der deutschtürkische Mickey Rourke, auch genauso cool, und ja auch eine 80er-Ikone) mit dem Regisseur; soviel zur Gewichtung des Alter Egos bei Autorenfilme(r)n. Und daher gemahnt wohl auch das Ambiente eher an einen Endachtzigerhistorienfilm ala 'Herr Lehmann goes (from HH) to Istanbul' (plus der gestrigen Musik und der Piercing/Tatoo-Unästhetik eines in dieser Zeit stilistisch Sozialisierten) als an ein zeitgenössisches Werk. Aber da die Geschichte ja recht groß, will sagen universell, angelegt ist und nicht in Zeitgeschehen oder Moden verhaftet ist, hat da jemand wohl einfach seine 'Idealwelt' gezimmert.
Thema ist natürlich wieder mehr Mann&Frau, als das der Frau zwischen der traditionellen (doppelmoraligen) Familie und dem von der Repression gezüchteten Drang zur scheinbaren Freiheit der Promiskuität.
Diesmal, wie immer(?) findet Sie Ihn, und wie so oft (im Film?) wird daraus eine gleichermaßen de- wie konstruktive Beziehung mit Surrogatsex mit Dritten, und zentral: der Ambivalenz zwischen eigener Freiheit und der Sicherheit im Anderen. (In der sie dann wohl mit einem geeigneteren Partner auch schließlich endet.) Das daraus entstehende Chaos aus Selbsttötungsversuchen -(für meinen Geschmack hier Blut, Sex (auch verbal: Die Vokabel "fickt" hier annähernd so oft in einem deutschen Film, wie in manchen US-Produktionen. Soll das das internationale Niveau sein, das der deutsche Film immer erreichen soll/will?) und Gewalt etwas zu inflationär eingesetzt, aber es sollte wohl großes Kino werden)-, einem Gewaltausbruch, der zu jahrelangem Gefängnisaufenthalt führt, ihrer Remigration nach Istanbul, mit verzweifeltem, etwas aufgesetzt wirkendem, Drogenabstieg (da muss auch mal der Vollmondarsch hergezeigt werden, ohne dass die Handlung damit vorangetrieben wird), und der Rettung durch einen unsichtbar bleibenden Dritten.
Schön, einige Beschränkungen auf das Wichtige, ob der Angegriffene tot oder nur schwer verletzt bleibt ungesagt, das Verfahren wird völlig ausgespart, ihr Ehemann bleibt eine Stimme, die mit ihrer Tochter im Nebenzimmer spielt, einmal sieht man nur ihren angeschnittenen Rücken in der Badezimmertür sich schütteln, bevor sie dann wiedermal (gähn) sich die Pulsadern öffnet.
Ausgewachsenes, wenn auch nicht erwachsenes, Kino, auch wenn nicht jeder soviel Holzhammer benötigt, um emotional stimuliert zu werden.

lr




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